Der chinesische Frachter Yi Peng 3 gibt Rätsel auf: seit Tagen verharrt er im Kattegat, in der dänischen Wirtschaftszone der Ostsee, nahe Jütland.
Um den über zweihundert langen Frachter herum lauern deutsche, dänische und schwedische Marine-Schiffe.
Das Containerschiff unter chinesischer Flagge wird verdächtigt, für Kabelschäden verantwortlich zu sein, welche Mitte November in der Ostsee entstanden. Mittlerweile hat die Leitung des Schiffes die dänische Marine um einen Ankerplatz im Kattegat gebeten. Ohne weitere Angaben und Begründungen. https://www.berlingske.dk/internationalt/yi-peng-3-kontaktede-forsvarsenhed-og-bad-om-ankerplads-i-kattegat
UIf Kristersson, Schwedens Regierungschef verlangt, dass sich das Schiff in schwedische Gewässer bewegt. https://www.svt.se/nyheter/inrikes/statsminister-ulf-kristersson-vill-att-kinesiska-fartyget-ror-sig-mot-sverige und China aufgefordert, mit Schweden zu kooperieren.
Sowohl die dänische und die schwedische Regierung wollen an Bord des Schiffes gehen, um diesem Verdacht nachzugehen.
Das chinesische Außenministerium hat bislang eine mögliche Verbindung mit der Sabotage verneint, nach Angaben der Financial Times soll die chinesische Regierung die Unternehmen des Schiffs angehalten haben, bei der „Untersuchung zu kooperieren“. https://www.ft.com/content/f18af41b-3055-47e7-b5d8-c4c56fba20f2
Auch die Sprecherin des Außenministeriums Mao Ning bestätigte, dass China hier kooperieren will. https://www.fmprc.gov.cn/mfa_eng/xw/fyrbt/202411/t20241129_11535507.html
Das Datenkabel „C-Lion“, welches auf dem Ostseegrund zwischen Finnland und Deutschland verläuft, wie das Datenkabel zwischen der schwedischen Insel Gotland wurden gekappt. Vermutlich Bei ersterem sei das über Schiff am 10. November in der Nähe der Beschädigungsstelle gesichtet worden und dabei sein AIS Signal ausgeschaltet haben, so dass keine Rückverfolgung der genauen Route mehr möglich ist. Laut der Fach-Webseite „Marine-Traffic“ https://www.marinetraffic.com/en/ais/home/centerx:-12.0/centery:25.0/zoom:4 soll sich das Schiff am 11. November auch in der Nähe des schwedisch-litauischen Kabels anderthalb Stunden kreisend bewegt haben, allerdings hatte dort die Beschädigung bereits am 10. November stattgefunden.
AIS ist ein verbindliches Funksystem für die internationale Seefahrt, bei der Positionen der Schiffe markiert werden.
Auch die deutsche wie die finnische Regierung untersuchen hierzu eine mögliche Sabotage. Wirkliche Datenausfälle gab es nicht, die Versorgung wurde durch weitere Unterseekabel gewährleistet.
Die rechtliche Lage: der Frachter befindet sich in der dänischen Wirtschaftszone, nicht in der Hoheitszone, dies bedeutet, dass keine Kontrollen von Dänemark umgesetzt werden können, ohne die Erlaubnis der Führung in Peking.
Sollte Yi Peng 3 losfahren, gebe es für die Marine der skandinavischen Länder keine rechtskonforme Möglichkeit, den Frachter aufzuhalten. Der dänische Sicherheitsexperte Jacob Kaarsbo rät seiner Regierung, dennoch das Schiff betreten und untersuchen zu lassen, da die Sabotage-Akte in der Ostsee nur immer „schlimmer und schlimmer“ würden, wenn man nicht interveniere. https://www.bt.dk/samfund/ekspert-opfordrer-danmark-til-at-borde-kinesisk-skib-vil-bare-blive-vaerre-og?referrer=RSS
Handfest auch der polnische Premierminister Donald Tusk, der auf einer Konferenz der Ostsee-Staaten (ohne Russland) vor, eine gemeinsame „Meerespolizei“ zu schaffen, um solche Sabotageakte in Zukunft zu verhindern. https://www.aftonbladet.se/nyheter/a/kwBnBA/polen-vi-maste-patrullera-ostersjon-tillsammans
Schäden an Datenkabeln gab es bereits zuvor in der Ostsee. So wurde im Oktober vergangenen Jahres eine Gasleitung und ein Datenkabel in der Ostsee zwischen Finnland und Estland beschädigt. Am „Tatort“ konnten das chinesisches Containerschiff „Newnew Polar Bear“ sowie der atomar angetriebene russische Frachter „Sevmorput“ registriert werden. Auch hier sollen die Schäden durch einen herunter gelassenen Anker entstanden sein. https://www.reuters.com/world/finland-contacts-china-russia-regarding-baltic-sea-pipeline-investigation-2023-10-20/
Zudem verletzten Unbekannte im selben Monat ein Kommunikationskabel zwischen Estland und Schweden in estnischen Gewässern von Unbekannt verletzt. https://www.government.se/articles/2023/10/damaged-telecommunications-cable-between-sweden-and-estonia/
Auch in Finnland wird der aktuelle Fall sehr ernst genommen. Die finnische Außenministerin Elina Valtonen erwägt sogar, den Artikel 5 der NATO in Anspruch zu nehmen, sollte sich ein „staatlicher Akteur“ als Täter herausstellen. Der Paragraph bezieht sich auf den „Bündnisfall“, bei dem ein Mitgliedsland, das angegriffen wurde, die Hilfe der anderen Länder einfordern kann. https://www.msn.com/en-us/news/world/finnish-minister-warns-nato-may-invoke-article-5-over-cable-sabotage/ar-AA1unllL?ocid=winp2fptaskbar&cvid=ea3dec7aea624ee2824b700abac4f25d&ei=16&apiversion=v2&noservercache=1&domshim=1&renderwebcomponents=1&wcseo=1&batchservertelemetry=1&noservertelemetry=1
Eine Fährte weist auch zum Kreml als möglichen Strippenzieher: Nikolai Patruschew, Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin, kündigte vor dem Kabel-Verletzung an, dass westliche Länder geplant hätten Unterseekabel in der Ostsee zu sabotieren. https://www.newsweek.com/russia-pipeline-gas-patrushev-putin-1984215 Dies gilt als klassisch russische „Maskirovka“, eine Finte, die eigenen militärischen Aktivitäten anderen Staaten zu unterstellen.
Im vergangenen Jahr haben Journalisten der öffentlich-rechtlichen TV-Sender aus Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland darauf hingewiesen, dass russische Schiffe systematisch sensible Bereiche in Nordsee und Ostsee kartographieren. Reporter spürten Trawlern der Russischen Föderation nach, die Pipelines, Datenkabel kartographieren und Offshore-Windkraftanlagen in nordeuropäischen Gewässern untersuchen würden. https://overton-magazin.de/top-story/nord-stream-anschlaege-skandinavien-zeigt-auf-russland/
Es bleiben viele Fragen. Warum steht das Schiff seit Tagen im Kattegat? Handelt es sich um einen Test? Um eine Demonstration der Macht und darum, den westlichen Ländern ihre Ohnmacht vorzuführen?
China soll bereits das Kappen von Unterseekabeln im südchinesischen Meer praktiziert haben, um dem Kontrahenten Taiwan zu schaden. https://taiwaninsight.org/2024/10/02/the-most-critical-resilience-questions-of-them-all-taiwans-undersea-cables/
Handelt nun Peking in der Ostsee „auf eigene Faust“ oder in Kooperation mit Moskau, das in einem weit stärkeren Konflikt mit den NATO-Ländern ist? Der Kapitän des Schiffs unter chinesischer Flagge soll ein Russe sein. https://foreignpolicy.com/2024/11/20/will-denmark-expose-chinese-russian-sabotage-in-the-baltic/
Gibt es eine Verbindung zu den Anschlägen auf die Nordstreamleitungen? Auch in diesem Fall gibt es Bewegung, gegen einen zweiten Beschuldigten wird ermittelt, so Generalstaatsanwalt Jens Rommel. https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-sabotage-an-gaspipelines-generalbundesanwalt-spricht-von-fortschritten-bei-nord-stream-ermittlungen-12798596.html
Theorien kursieren derzeit einige. Tom Sharpe, der zwanzig Jahre der britischen Marine gedient hat, gilt als anerkannter Sicherheitsexperte für die Schifffahrt. Für Sharpe ist denkbar, dass Russland über seinen Unterwassergeheimdienst GUGI https://en.wikipedia.org/wiki/Main_Directorate_of_Deep-Sea_Research die Kabel präpariert hätte, und diese beschädigen ließ, während die YO Peng 3 die Stelle passierte. Auf der anderen Seite hält er es für am Wahrscheinlichsten, dass der chinesische Frachter rein zufällig über die Leitungen gefahren sei, es gebe jährlich über 100 Kabelschäden auf den Seeböden. https://www.telegraph.co.uk/news/2024/11/29/yi-peng-3-ship-submarine-cable-china-baltic-denmark-russia/
Was ein wenig zu banal erscheint, um wahr zu sein.