Trumps und Harris‘ Ringen um die „Polonia“
Warum die polnischstämmigen US-Wähler keine so sicheren Trump-Fans mehr sind
Donald Trump düpierte den polnischen Präsidenten Andrzej Duda: der rechte Politiker sollte eigentlich am Sonntag aus Warschau nach Doylestown, Pennsylvania anreisen, um dort den amerikanischen Freund bei einem Wahlkampftermin unter die Arme zu greifen. Doch Trumps Büro kippte diesen Einfall und lud Duda wieder aus, wie der Kampagnen-Stab dem „Polskie Radio“ mitgeteilt haben soll. Ohne Begründung. Wenn Trump den Polen vorerst nicht zu brauchen scheint - die Stimmen der polnischstämmigen US-Amerikaner benötigt er dringend, sie zählen über acht Millionen.
Davon sollen 800 000 in Pennsylvania leben, in jenem Staat, welcher von Donald Trump und seiner demokratischen Konkurrentin und Vize-Präsidentin Kamala Harris derzeit am meisten umworben wird, dort gewinnen gewöhnlich die Demokraten.
Geplant war, dass der Präsidentschaftskandidat ein Sanktuarium bei Doylestown besuchen, wo eine Kopie der heiligen Madonnen-Ikone von Tschenstochau aufbewahrt wird, der Ort gilt als Polens wichtigste Wallfahrtsstätte. Zudem sollte ein Denkmal zu Ehren der polnischen Gewerkschaft „Solidarnosc“ enthüllt werden, der Republikaner hätte auch einer Veranstaltung beigewohnt, die sich mit Polens Kampf gegen den Kommunismus auseinandersetzte.
Über die Gründe der Absage rätselt nun die Öffentlichkeit von Pennsylvania, wie die in Polen.
Sicherheitsaspekte könnten eine Rolle gespielt haben, der Ex-Präsident überlebte zwei Attentatsversuche, zuletzt am vergangen Sonntag, als sich ein Mann mit einem Gewehr bei Trumps Golfplatz positioniert haben sollte.
Ebenfalls auf einem Golfplatz soll ein weiterer Wahlkampfauftritt des 78-jährigen steigen, der auf die „Polonia“ abzielt, wie die Auslandsgemeinde der Polen sich selbst nennt. Auf dem „Trump National Golf Club“ soll der Republikaner am Sonntag mit dem in Warschau geborenen Ex-Boxer Andrzej Golota eine Partie spielen, wie der polnische Sender TVP Info berichtet.https://www.tvp.info/82410922/wybory-w-usa-donald-trump-odwolal-spotkanie-z-andrzejem-duda-czy-zagra-z-andrzejem-golota
Es wird spekuliert, dass der 56-jährige, welcher in Chicago lebt, mehr Stimmen bringen könnte, als ein sakraler Auftritt mit Ikone.
Denn so einfach wird es für Trump nicht mehr, die Gunst der sogenannten „Polonia“ der polnischstämmigen Polen zu gewinnen, wovon noch 2016 rund 58 Prozent auf Seite des Republikaners waren.
Kamala Harris warnt nun die Polonia, dass ein Präsident Trump Polen gefährden würde, wenn er Russland im Krieg gegen die Ukraine entgegen käme.
Und provokant meinte die Demokratin zu ihrem Gegner: “Warum erzählen Sie den 800 000 polnischen Amerikanern hier in Pennsylvania nicht, wie schnell Sie zugunsten eines Gefallens umkippen, und was ist die Freundschaft mit einem Diktator wert, welcher Sie zum Mittagessen verspeisen würde?“ https://www.nbcnews.com/news/us-news/polish-american-voters-seen-key-winning-both-harris-trump-rcna171685
Eine Anspielung auf das Versprechen Trumps, den Krieg in der Ukraine zu beenden, indem Kiew dazu gebracht würde, Teile des Territoriums an Russland abzutreten und an die Vorliebe des ehemaligen Unternehmers, mit den Mächtigen dieser Welt „Deals“ abzuschließen.
Eine Erhebung zur Haltung der polnischstämmigen Amerikaner zu dieser Frage gibt es nicht, Stichproben von US-Medien zeigen eine gemischte Haltung. Manche glauben, dass Warschau Trump beeinflussen könnte, die Lage aus polnischer Sicht zu sehen und so die Gefährlichkeit Russlands ernster zu nehmen. Allerdings hat Duda kaum Einfluss auf den Amerikaner. Zu untertänig tritt jener auf, welcher den Präsidentschaftskandidaten schon mal im April diesen Jahres in dessen Trump-Tower in New York zu Promotionszwecken besuchte, was polnische Kritiker aufbrachte, die sich auch über die geplante Visite im Sanktuarium erregten.
Nun also Golota anstatt Duda.
Dass nun Trump sich mit einem polnischen Ex-Schwergewicht des Faustkampfs auf dem grünen Rasen misst, könnte so der polnischaffinen Adressaten eine martialischere Botschaft vermitteln.
Der eher wortkarge Golota ist dort weiterhin beliebt, wenn er auch bei seinen Kämpfen um die Weltmeisterschaft nie Erfolg hatte und gegen Mike Tyson nach der dritten Runde aus dem Ring stieg.
Zudem ist der bullig wirkende Pole mit Trump vertraut, hat sogar Anteile an einem Casino des Multimillionärs.
Solche Bekanntschaften haben ihre Ursache in der traditionellen Verbindung Polonia-Republikaner.
Es war der Republikaner Theodore Roosevelt, welcher während des Ersten Weltkriegs auf die polnische Unabhängigkeit setzte, während der Demokrat Franklin D. Roosevelt 1945 in Jalta zugestand, dass Polen unter sowjetischen Einfluss gerät. Erwähnt sei auch, das der Republikaner Ronald Reagan die polnische „Solidarnosc“ in den Achtziger Jahren unterstützte. Sein Denkmal ist heute nahe des Sejms zu sehen.
Trump bediente sich dieser Anhänglichkeit während seiner Amtszeit, in dem er 2017 bei einem Besuch in Warschau den heldenhaften Kampf der Polen gegen die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg beschwor, auch machte er das Versprechen vieler Vorgänger endlich war – er hob endlich die Visapflicht für polnische Staatsbürger auf, so das Verwandtschaftsbesuche in den USA erleichtert wurden.
Die nationalkonservative „Recht und Gerechtigkeit“, welche von 2015 bis 2023 regierte, revanchierte sich, machte regelrecht Wahlkampf für ihn, etwa mittels des öffentlich-rechtlichen Auslandssender „TVP Polonia“.
Den Kampf um die polnischstämmigen Wähler, welche auch in den entscheidenden Staaten Michigan und Wisconsin stark vertreten sind, werden Trump und Harris weiter ausfechten. Was zählt dann mehr - die traditionellen Banden oder die Abgründe der Geopolitik?