Sie sind wieder da, wie jedes Jahr zur Sommerszeit: die eine Million Touristen, welche die schwedische Insel Gotland bevölkern, mit gerade mal 60 000 Einheimischen.
Und präsent ist auch der Ärger um das zuviel an Trubel, denn der Sommer ist in Schweden ein Fest, das gefeiert werden muss.
Durch die mittelalterliche Altstadt des Inselorts Visby mit seinen pittoresken Häusern mit seinem Rosenbewuchst wälzen darum sich die lauten Massen. „Wie im Zoo“ fühlen sich die Bewohner, welche nun Bürgerinitiativen gründen. https://www.dn.se/sverige/visbybor-plagas-av-turism-kanslan-ar-att-bo-i-ett-zoo/
Auch in Stockholms Altstadt, einem Ort, das auch viele ausländische Gäste anzieht, mehren sich die Proteststimmen.
Ähnlich wie in Barcelona und anderen Mittelmeer-Orten fordern Lokalpolitiker in Gotland wie Stockholm eine „Touristensteuer“, um einen Teil der Gäste abzuschrecken. Den Vorschlag aus dem Frühsommer haben immer mehr andere Urlaubsorte aus Schweden übernommen. Umsetzen kann dies jedoch allein die Regierung in Stockholm, Rechtsexperten warnen, dass dies vermutlich gegen bestehende Gesetze verstoße.
Dass der Massenandrang diesen Sommer in dem skandinavischen Land besonders gravierend ist, hat mehrere Ursachen.
So sind für schwedische Reisewillige die Pauschalreisen ins Ausland im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent teurer geworden, zudem schrecken Meldungen von Hitzerekorden am Mittelmeer einige der Nordländer vor der Reise nach dem Süden Europas ab.
Auch werden die Mitteleuropäer von der staatlichen Tourismuseinrichtung „Visit Sweden“ mit dem neuen Schlagwort „Coolcation“, ein Kofferwort aus Englisch „Kühl“ und „Urlaub“ geködert – der Norden Europas als Asyl vor dem Klimawandel-Sommer. Entsprechend wirbt die Institution auf ihrer Website mit einem wandernden Pärchen in Regenjacken vor einem Wasserfall. https://visitsweden.com/what-to-do/nature-outdoors/coolcation/
Doch während sich in den schwedischen Wäldern und Bergen die Touristen verlaufen, haben Küstenorte ein Problem.
Besonders populär ist Gotland. Das Eiland lockt mit mittelalterlichen Kirchen, Windmühlen, Kliffs , langen Sandstränden und Pippi Langstrumpf –Drehorten, es die „Sommerinsel“ des Landes, die Region mit den meisten Sonnentagen, das „Mallorca des Nordens“.
Doch wie auf Mallorca gibt es dort Trockenheit, welche durch die Die Klimaveränderung verschärft wird und somit auch weniger Wasser. Die flache 176 Kilometer lange Insel bietet zu wenig natürliche Wasserressourcen, so dass bereits in den letzten Sommern den Touristen geraten wurde, anstatt zu duschen, die Ostsee zur Körperpflege zu nutzen.
Gegen die Gentrifizierung, die hohen Immobilienpreise nutzen keine Ratschläge - wie auf Sylt wird das Mieten und Kaufen von Wohnraum für die Einheimischen unerschwinglich. Hinzu kommt, dass in der Region Gotland das Durchschnittseinkommen am geringsten ist.
Dieser Trend wird kaum aufzuhalten sein, das Königreich Schweden ist für seine Bewohner wie für Ausländer immer attraktiver.
Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg vermeldet Schweden einen Anstieg von 47 Prozent für Übernachtungen im gehobenen Bereich, im Vergleich zum Vorjahr, für die gesamten skandinavischen Länder liegt die Steigerung bei 27 Prozent. https://www.bloomberg.com/news/features/2024-07-03/norway-sweden-and-denmark-tourism-boosted-by-coolcation-trend
Und auch Norwegen wirbt offiziell mit dem Slogan „Entfliehen Sie der Hitze“ für seine regenreiche Landschaft, die amerikanische Schauspielerin Jennifer Connelly begeisterte sich via Instagram für Schnee im Juli und vermittelte dies ihren Millionen Followern auf Instagram, Italier begeistern sich für die 12 Grad, wenn sie auf 42 Grad in ihrem Heimatland referieren. https://www.vg.no/nyheter/meninger/i/W0R4rg/norge-er-blitt-coolcation-destinasjon-for-turister Finnland spricht gezielt Spanier und Italiener an, sich doch im sommerlich-kühlen Lappland zu erholen. Dass es dort „Kühe“ gibt, wie im Norden die Monsterschnaken in Milliardenanzahl genannt werden, wird geflissentlich bei der Akquise der Südländer weggelassen.
In Dänemark sind manche Campingplätze zu Neunzig Prozent von Deutschen besetzt und die Stadt Kopenhagen mit ihren hohen Übernachtungspreisen erwägt ebenfalls eine Touristensteuer. Coolcation – den kühlen Sommer muss man sich erstmal leisten können.